Plastiksteuer ist gar keine Steuer

Recyclingquoten oder Steuer?

Eine Debatte, die sich im Kreis dreht, wenn Politik nicht entscheidet

Anfang November konnten sich die Organe der EU auf den nächsten langfristigen Haushalt 2021-2027 einigen– ein Bestandteil ist eine Plastiksteuer, die zum 1. Januar 2021 greifen soll. Da schien es noch, als würde die chinesische Green Fence Politik Europa in Bewegung setzten. Aber der Schein trügt: die deutsche Debatte kreist und die Bundesregierung ignoriert das Thema Circular Economy. Einzig der Umgang mit Plastiktüten wurde gerade im Bundestag beraten und entschieden – es sollen weniger davon im Umlauf sein. Aber das reicht nicht aus!

Wer jetzt auch noch daran denkt, dass Konsument*innen die Steuer wahrnehmen würden, und sie deshalb eine Lenkungswirkung entfalten könnte, der irrt. Denn im Rahmen des am 10. November 2020 beschlossenen Multiannual Financial Frameworks der EU (kurz: MFF) werden Beiträge der EU-Mitgliedstaaten auch auf Basis der Menge nicht recycelter Kunststoffverpackungsabfälle berechnet. Das macht klar, dass es sich nicht um eine Steuer handeln kann, sondern dass sie eine Berechnungsmethode ist, die den EU-Haushalt und deren nationale Beiträge dazu regelt. Nennen wir es also Abgabe, sie wird ca. 800 € proTonne nicht recycelten Kunststoffverpackungsabfalls kosten und soll die Sammel- und Recyclingmaßnahmen erhöhen. Die aktuelle Debatte der Industrie darüber, ob Produktpolitik hier besser greifen würde, als materialspezifische Quoten, scheint in eine Scheindebatte zu mutieren.

Es ist offensichtlich, dass die Bundesregierung nicht entschieden genug voran geht. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise könnte sie die gebeutelte Recyclingindustrie durch Zuschüsse für Investitionen in Sortieranlagen oder die Hersteller für die Einführung von Produktpässe zur Nachverfolgung von Produkten und Material unterstützen. Hier können die Potentiale direkt gehoben werden. Wir werden uns des gesamten Instrumentarienkasten der Regulatorik bedienen müssen, um weiter zu kommen. Dazu zählt nicht nur eine ambitionierte Erhöhung von Sammel- und Recyclingquoten, auch Produktverbote von Einwegproduktverpackungen (die immerhin 40 % des Anfalls an Kunststoffabfällen ausmachen) und eine Ökodesignrichtlinie, die hält, was der Name verspricht, müssen kommen.

Die Grünen haben das erkannt. Sie wollen zügig voranschreiten. Bis 2050 ist für sie vorstellbar, eine Industrie zu entwickeln, die im Kreislauf funktioniert. Das ist keine Utopie. Das ist eine realistische Vision. Aber es braucht viele, die das verstanden haben und daran mitwirken.

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1 Comment
  • Klaus Puchstein
    Veröffentlicht 14:29h, 01 März Antworten

    Wenn jeder darauf hin arbeitet, so wenig Plastikmüll wie möglich zu produzieren, sind wir schon eine ganze Ecke weiter. Erziehen wir die Lebensmittelläden und die anderen auch. Papierverpackung einfach ja. Plastikverpackung nein. Mehrfachverpackungen nein. Jede Geschäftsführerin und jeder Geschäftsführer muss das von uns hören. Wenn wir den Verpackungswahnsinn so weit reduziert haben, dass die Gelbe Tonne oder der gelbe Sack nur noch halb voll werden, sind wir auf dem richtigen Weg. Von da an weiter Richtung Null.
    Beim Einkauf müssen von hochwertigen Gebrauchsgütern müssen wir auf Langlebigkeit achten. Wer sein Outfit, also die Mode, öfter wechseln will, sollte nach Kleidung zum Mieten Ausschau halten.
    Außerdem:
    Der Termin für unseren jährlichen Ressourcenverbrauch muss sich wieder in Richtung Sylvester verschieben. Momentan sind wir bei Pfingsten. Jeder Tag in Richtung Jahresende ist ein Gewinn. Da dürfen alle mitmachen.

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