Vermischter Elektroschrott

Unsere kranke Wegwerfkultur – oder: Wie wir Upgrading von Elektrogebrauchtgeräten ermöglichen können!

Ich berichtete Ihnen ja bereits von den Hausaufgaben für die Bundesregierung, die ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit herausgearbeitet habe. Die Mängel der aktuell greifenden Gesetze könnten mithilfe einer eigenen Verordnung behoben werden. Aber worum geht es eigentlich?

In Europa verschwinden jährlich drei von insgesamt neun Mio. Tonnen von Elektro- und Elektronikaltgeräten (im Folgenden als Elektroaltgeräte zusammengefasst), die in der EU gesammelt und registriert werden. Dies geht aus dem europaweiten CWIT Project hervor, welches die Aufklärung der Ursachen zum Auftrag hat. Die Lektüre lohnt, denn sie nennt für 2015 einen weltweiten Schwund von 42 Mio. Tonnen Elektroaltgeräten. Dabei entsteht allein eine Mio. Tonnen Schwund alleine in der deutschen Statistik. Und das ist längst nicht alles! Bei diesen Mengen dreht es sich ja nur um registrierte Werte. Ein Großteil fließt vermutlich in den sogenannten informellen Sektor. Dies ist die Schattenwirtschaft: Sie deckt weltweit mindestens 30 % der Services beim Sammeln, Sortieren und dem Vorbereiten zur weiteren Verwendung ab. Die Ursachen dafür sind vielfältig und noch nicht gut erforscht. Es mangelt an Daten, regulatorischen Strukturen zum Umgang mit Abfall aus Elektrogeräten und Umwelt- sowie Arbeitssicherheitsstandards. Warum ist die Forschungslücke so groß? Tatsächlich wird die statistische Erfassung weltweit durch die Vielzahl der 260 unterschiedlichen Handelscodierungen in 175 Ländern und 54 unterschiedlichen Verkaufskategorien erschwert. Dieses Problem gilt auch für Deutschland: Hier werden die bisher zehn Sammelkategorien für Elektroschrott derzeit in sechs zusammengefasst.

2014 wurden in Deutschland 1.7 Mio.Tonnen Elektrogeräte in Verkehr gebracht, jedoch nur 689.910 Tonnen der Verwertung zugeführt. Davon entfielen auf die Wiederverwertung lediglich 15.552 Tonnen, das sind 2,25 %. Der weltweite Durchschnitt liegt hier aber immerhin bei 70 %.

Offensichtlich gibt es in Deutschland kein durchschlagendes politisches Interesse daran, funktionsfähige Altgeräte wieder zu verwenden. Das liegt auch am hohen Grad der Industrialisierung der Abfallbranche (dieser liegt bei 84,2 %) und im Wettrennen um Rohstoffe. Dieses Phänomen unterstützt eindeutig die kranke Wegwerfkultur einer Konsumgütergesellschaft.

Die Daten aus 2014 zeigen, dass 608.587 Tonnen in Recyclinganlagen verbraucht wurden. Die „Sogwirkung großtechnischer Anlagen“ hat eine durchschlagende Wirkung auf die Art der Behandlung. In Deutschland gibt es 47 Recycling-Schredder-Anlagen für Elektroschrott und 321 Sammelstellen. Davon haben bisher 22 die Erlaubnis zur Behandlung gefährlicher Abfälle. Und der Berg an Abfällen wird nicht kleiner: Während noch 2010 jeweils fünf Kilogramm Elektroschrott pro Einwohner der Welt errechnet werden konnten, werden es für 2018 bereits fast sieben Kilogramm pro Einwohner sein. Das wirtschaftliche Aufstreben der Schwellenländer und der steigende Konsum tragen schon jetzt den größten Anteil zum Elektroschrottaufkommen bei.

Nach der Reform des ElektroG im Jahr 2013 ist das Upgrading von Elektroaltgeräten sogar durch das sogenannte Separierungsverbot untersagt. Zudem steht die Vorbereitung zur Wiederverwendung im Konflikt mit dem sogenannten Optierungsmodell, was die Wiederverwendung schon im Ansatz verhindert. So widersprechen die Gefahrgutregeln dem schonenden Transport alter Geräte. Auch die Schnittstellen der Informationssammlung und Weitergabe müssen nach Einführung des neuen ElektroG 2013 neu festgelegt werden. Zudem ist ein Mengenmonitoring nicht möglich, ohne eine Differenzierung der Begriffe für Elektroaltgeräte und Elektrogebrauchtgeräten vorzunehmen. Die Rechtsverordnung nach § 11 ElektroG mit Details zur Vorbereitung zur Wiederverwendung steht noch aus. Sie kann deshalb zur Beseitigung der Regimekonkurrenzen genutzt werden. Die Einführung einer Quote für die Vorbereitung zur Wiederverwendung bei Ausschreibungen zur Sammlung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgern könnte ebenfalls positive Effekte haben, diese gilt es genauer wissenschaftlich zu analysieren. Neu im System nach dem ElektroG ist die Rücknahmedynamik auf den Handel nach § 17 Abs. 1 – 3 ElektroG. Es kann erwartet werden, dass die Qualität der abgegebenen Geräte hoch ist, weil diese direkt durch den letzten Besitzer abgegeben werden. Die tatsächliche Wirksamkeit dieser Systematik muss abgewartet werden. Sie wird jedenfalls ein interessanter wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand sein.

Zum Abschluss müssen jedoch auch die Kosten des bisherigen Entsorgungsmechanismus betrachtet werden. Mit Beträgen im Centbereich pro Elektrogerät wird eine Lenkungswirkung für ein Design für Recycling oder ökologisches Produktionsdesign oder gar „Cradle-to-Cradle“ absolut verfehlt. Und mangels direkter Kostenanlastung pro Produkt und Hersteller sowie wegen fehlender Informationsdokumentation, empfehle ich außerdem die Einführung von Markierungen (z. B. Strichcodes oder RFID-Technik) auf den Geräten. So könnte eine direkte Zuordnung der Entsorgungskosten sowie Zuständigkeiten ermöglicht werden.

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