Phosphor – Flaschenhals des Lebens
80 % des weltweiten Phosphors kommt in natürlichen Minen nur in vier Ländern der Welt vor. Nur eine Handvoll Unternehmen weltweit produziert Phosphor. Europa und insbesondere Deutschland ist in höchstem Maße, nämlich zu 95 %, von Importen abhängig. Weder Lagerstätten noch Produktionskapazitäten können als gesichert angesehen werden. Zudem verdünnt sich Phosphor und verschwindet quasi auf dem Planeten, weil er immer weiter verteilt wird. Das liegt daran, dass 90 % des als Phosphaterz in Minen abgebautem Phosphor für die Produktion von Nahrungsmitteln eingesetzt werden. Aber von den im Jahr 2016 geschätzten 261 Mio. t sind nur etwa 13 Mio. t veredelt in Form von Lebensmitteln auf unsere Teller gelangt. Ressourceneffizient ist das nicht.
Dabei kann Phosphor aus dem natürlichen Kreislauf zurückgewonnen werden. Der Phosphor-Kreislauf zeigt auf, dass schon heute ein Auffangen von Phosphor im Stoffstrom möglich ist.
Der traditionelle Weg des Nährstoffrecyclings kommt aus dem Abwasserpfad in Form von Klärschlammausbringung – und der ist in Zeiten industrieller Landwirtschaft mit überhöhten Düngeausbringungen nicht nur aus umweltpolitischen Fragen, sondern auch von den Bürgern durch die Geruchsbelastung nicht mehr akzeptiert. In 29 Staaten der EU wurden deshalb die Klärschlammverwertungsrouten genau ermittelt. In Deutschland fielen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1.803.100 kg Trockenstubstanz Klärschlamm in kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen an, wovon 64 % verbrannt wurden. Der Anteil der Klärschlammmonoverbrennung betrug 24 %, in die Landwirtschaft wurden 24 % ausgebracht, was ca. 12.000 kg Phosphor entspricht.
Und genau hier kann angesetzt werden: In Europa gibt es 40 Phosphorrückgewinnungsanlagen (www.p-rex.eu) und ständig werden es mehr. Denn die verschiedenen Phosphorrückgewinnungs- und Recylingverfahren aus Schlamm und Asche, aber auch aus dem Nassschlamm und Prozesswasser sind vielfältig. Insgesamt sind heute schon viele technische Verfahren in der Erprobung. Hiervon werden sich wahrscheinlich nur eine geringe Anzahl als wirtschaftlich erweisen, wenn tatsächlich ein Neubau von Aufbereitungskapazitäten und umsetzbares Nährstoffrecycling möglich wird. Insbesondere den Düngemittelherstellern kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Es wurden bereits Teilsubstitutionsversuche durchgeführt. Aber auch Monoverbrennungsanalgen, die allein kommunale Klärschlämme verbrennen, liefern gute Qualitäten bei hohen Phosphorgehalten. Das zeigte die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung die mit dem Bundesministerium für Umwelt und dem Umweltbundesamt dazu im Rahmen des UFOPLANs, ein Klärschlamm-Monitoring durchführten. Auskömmliche Preise aus den Verfahren lassen sich erzielen, wenn das Material als funktionelle Einmischkomponente, oderim besten Fall, als fertiger Dünger verwertet werden kann. Das erfordert jedoch neben der Rückgewinnung weitere Veredelungs- bzw. Konfektionierungsschritte, die es bereits in der Düngemittelproduktion mit vielfach größerer Kapazität gibt. Deswegen macht eine Zusammenarbeit der Sektoren und Einspeisen des Recyclates an dieser Stelle viel Sinn, zumal hier auch Netze zur Distribution und Vermarktung bestehen. Es fehlt aber an der Zulassung als Düngemittel und an der Bestätigung des Produktstatus durch die Behörden, denen hier eine Rechtsgrundlage fehlt.
Die Europäische Düngemittelverordnung EC 2003/2003 verfolgt das Ziel, Recyclaten den gleichen Rechtsstatus einzuräumen wie primären Rohstoffen. Das Joint Research Centre (JRC) in Sevilla befasst sich in der Arbeitsgruppe STRUBIAS explizit mit den End-of-Waste-Kriterien für die drei Substanzklassen Struvit (aus Fällung von Nassschwämmen), Biokohlen und Aschen. Im Jahr 2017 hat die Expert Group for Technical Advice on Organic Production (EGTOP 2016) Struvit und kalzinierte Phosphate (AshDec Prozess) als alternative mineralogische Phosphorquellen für weicherdige Rohphosphate im Ökolandbau empfohlen. Allerdings hat das Generaldirektorat eine Aufnahme in die einschlägige Verordnung EC 889/2008 (Annex I) erst nach Aufnahme in die Verordnung für die konventionelle Landwirtschaft EC 2003/2003 vorgesehen.
An einer Akzeptanz der Bürger und Umwelt wird es sicher nicht mangeln, denn die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) steht voll hinter dem Projekt und widmet sich der Förderung des Einsatzes der Recyclate im Ökolandbau (nurec4org). Und auch die Green-Tech-Starter sind mit ihren neuen Technologien längst zum Thema auf einer gemeinsamen Plattform in Deutschland https://www.deutsche-phosphor-plattform.de und Europa vernetzt.
Aber jede Unterstützung wird gebraucht, um die neuen grünen Technologien voran zu bringen. Und jeder, der nicht von den geografischen Lagerstätten in Marokko und der Westsahara (36,5 %), China (23,7 %) oder Jordanien und Südafrika (9,6%) oder die Produzenten aus Tschimkent in Kasachstan, von Monsanto oder den Chinesen abhängen möchte, muss sich politisch für Phosphorrecycling und den Einsatz dieser Recyclate in Düngemittel in Europa stark machen. Die Technik bietet schon heute die Chance dazu und auch die Nachfrage ist vorhanden.
Was fehlt sind die Regeln dazu. Hier ist jetzt die Politik in Brüssel gefordert. Der Schritt ist nur klein, zusammen sollten wir ihn wagen.
Eveline Lemke inmitten der Deutschen Phosphor Plattform. Mit dabei Michael Spitznagel und Dr. Rainer Schnee (Vorstandsmitglieder), Dr. Daniel Frank (Geschäftsführung), Chris Thornten (EU Plattform) und Ludwig Herman (Präsident der EU-Plattform).
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